Baba zeigt Gesicht

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„Die Idee kam von den Müttern“, erinnert sich Petra Pfendtner, die damals bei Mutpol-Diakonische Jugendhilfe die Elterntreffs koordinierte. Sie wünschten sich Angebote für ihre Männer, nachdem sie am eigenen Leib erfahren hatten, wie viel sie vom Austausch in der Gruppe profitierten. Also machte sich Petra Pfendtner auf die Suche nach Finanzierung und zwei Männern, die die Gruppe leiten konnten. Es dauerte eine Weile, aber schließlich waren sie gefunden: Seyhan Taşdemiroğlu und Reiner Weik. Beide Sozialpädagogen – einer mit türkeistämmigen Wurzeln, einer ohne. Diese Tandem-Zusammensetzung war auch schon bei den Elterntreffs ein Erfolgsformat gewesen.

Ein flexibles Angebot für türkeistämmige Väter
Das Projekt wurde über die Frauen des Elterntreffs, die Netzwerke von Seyhan Taşdemiroğlu und über eine öffentliche Ausschreibung beworben. Der Treff fand ohne Anmeldung statt, die Männer konnten dazukommen und wegbleiben, wie es für sie passte. Da einige bis spät abends arbeiteten und andere schichteten, war es oft ein Kommen und Gehen. Während sich manchmal bis zu 15 Männer zusammenfanden, waren es anderen Abenden nur fünf. Schnell bildete sich jedoch ein harter Kern von einer Handvoll Väter, die regelmäßig dabei waren und das Angebot in ihren Kreisen bewarben.

In einer Zeit, in der türkeistämmige oder muslimische Männer in der Öffentlichkeit kaum oder nur problematisch behaftet dargestellt wurden, diskutierten die Teilnehmer über ihre Rollen als Väter und Ehemänner, über Kindererziehung und über die Schule. Als besonders stärkend nahmen die Männer das biografische Arbeiten wahr, in dem sie über ihre Migrationsgeschichten, ihr eigenes Aufwachsen und über ihre Väter sprechen konnten.

Die Fotoausstellung „Baba zeigt Gesicht“
Die Zusammenarbeit mit dem Fotografen Yakup Zeyrek gab dem Projekt eine öffentliche Dimension. 24 Väter ließen sich gemeinsam mit ihren Kindern fotografieren und gestalteten gemeinsam die Fotoausstellung „Baba zeigt Gesicht“. 24 Bilder von selbstbewussten und liebenden Vätern, die nun endlich in der Öffentlichkeit genau so dargestellt wurden. „Das war für die Männer natürlich ermutigend und empowernd“, meint Petra Pfendtner. Und auch für die Kinder der Ausstellung war es eine tolle Erfahrung, ihre Väter in solch einem positiven Licht zu sehen.

Die Ausstellung tourte durch ganz Baden-Württemberg und punktuell auch in anderen Bundesländern. Die Väter der Ausstellung nahmen teil an den Vernissagen, saßen auf Podien und gaben Inputs über ihre Lebenswelten. „Die Arbeit mit Männern mit Migrationsgeschichte war damals ein Novum und das Projekt hat für viel Öffentlichkeit gesorgt“, erklärt Reiner Weik.

Noch heute, über zehn Jahre nach Entwicklung der Ausstellung, kommen vereinzelte Fragen und Anfragen. Dies lässt kein Zweifel daran, dass das Projekt zeitlos ist. Aber es zeigt auch, dass es noch immer einen Bedarf bei der Arbeit mit dieser besonderen Zielgruppe gibt.

Infobox

Mutpol – Diakonische Jugendhilfe
Region Böblingen
Altdorfer Straße 5
71088 Holzgerlingen

Das Projekt „Väter-Treff“ wurde im Rahmen des „Netzwerk Interkulturelle Arbeit“ von Seyhan Taşdemiroğlu und Reiner Weik von 2008 bis 2010 durchgeführt.

Die Ausstellung „Baba zeigt Gesicht“ kann bei Mutpol gebucht werden. Weitere Informationen gibt es hier: https://www.mutpol-boeblingen.de/ambulante-hilfen/leistungen/interkulturelle-angebote

Unter dem Titel „Baba zeigt Gesicht“ erscheint im Buch „Wir freuen uns, dass Sie da sind! – Beratung und Therapie mit Vätern“ im Carl-Auer-Verlag ein Beitrag von Seyhan Taşdemiroğlu und Reiner Weik über das Projekt und die Erfahrungen mit den Vätern.

Webseite:
https://www.mutpol-boeblingen.de/

Autorin:
Maria Tramountani (sie/ihr)
Interkulturalität und Integration (M.A.)
Autorin | Systemische Beraterin | Trainerin

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